KARL-MAY-FILME


Durchs wilde Kurdistan

Deutschland / Spanien 1965

ALLE BILDER AUS DEM TECHNISCOPE-FARBFILM NACH DEM GLEICHNAMIGEN ROMAN VON KARL MAY "DURCHS WILDE KURDISTAN"
COPYRIGHT ©1965
PRODUKTION: CCC-FILM / BALCAZAR-FILM
VERLEIH: GLORIA-FILM


Durchs wilde Kurdistan (EA Gloria 1965)Durchs wilde Kurdistan (EA Gloria 1965)Durchs wilde Kurdistan (EA Gloria 1965)Durchs wilde Kurdistan (EA Gloria 1965)

Plakat DIN A1
"Durchs wilde Kurdistan"
(EA Gloria 1965)
Durchs wilde Kurdistan

Lex Barker  (Kara Ben Nemsi)

Marie Versini  (Ingdscha)

Ralf Wolter  (Hadschi Halef Omar)

George Heston  (Machredsch von Mossul)
Gustavo Rojo  (Ahmed el Corda)

Werner Peters  (Mütesselin)
Charles Fawcett  (Scheik Mohammed Emin)
Wolfgang Lukschy  (Ali Bei)
Gloria Camera  (Benda)

Fernando Sancho  (Padischa)
S. M. Cafarell  (Selin Aga)
José Nieto  (Pir Kamek)
Antonio Casas  (Scheik Cedar)
Maite Matalonga  (Hanneh)

Dieter Borsche  (Lord David Lindsay)
Chris Howland  (Archie)

REFERENZ

Erscheinungsjahr 1965  (EA 28.09.1965)
Regie Franz Josef Gottlieb
Drehbuch Franz Josef Gottlieb und Georg Marischka
Musik Raimund Rosenberger
Kamera Francisco Marin
Film Techniscope (2.35:1), 35 mm, Technicolor
Original-Film (KINO) 2858 m = 104 min. 28 sec.
TV/VIDEO/DVD * 100 min. 17 sec.
FSK: Ab 12 Jahren, einige Tage später ab 6 Jahren (gekürzte Version)
Bemerkungen -
Prädikat "kein Prädikat"
* Die Differenz zur Kinofilm Laufzeit erklärt sich durch die um ein Bild pro Sekunde höhere Video Bildfrequenz.
(KINO 24 Bilder/Sek.) (TV 25 Bilder/Sek.) (PAL-SYSTEM)

INHALT

Durchzogen von Kriegen und Kämpfen und beherrscht vom stolzen Freiheitswillen seines oft versprengten Volkes ist die Geschichte Kurdistans. Als gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts die Türkenherrschaft im vorderen Orient wankt, scheint auch für die Kurden die Freiheit und Unabhängigkeit nahe. Noch sind sie loyal gegenüber der türkischen, jahrhundertedauernden Besatzung, aber den Statthaltern der Türken, die das Recht nur achten, wenn es ihnen dient, leisten sie gefährlichen Widerstand.

Ein Opfer dieser Selbstverteidigung, die der abenteuernde und machtgierige Machredsch von Mossul geradezu herausfordert, ist der junge Ahmed el Corda.

Kara Ben Nemsi weilt unterdessen beim Padischah, von dem er für seine Taten und besonders die Vernichtung des Schut einen Ferman erhält. Er will noch zu Halef, um sich von dem zu verabschieden, als plötzlich Mohammed Emin ins Lager der Haddedihn kommt.

Kara erfährt von Ahmeds Vater, dem Scheik Mohammed Emin, von dem Terror des Machredsch und der Gefangennahme Ahmeds, der einem grausamen Schicksal entgegengeht. Da gibt es für Kara Ben Nemsi nicht mehr die Sehnsucht nach seiner Heimat Deutschland, in die er eigentlich zurückkehren wollte. Gemeinsam mit seinem treuen Weggefährten, dem redseligen Hadschi Halef Omar, macht er sich auf, Ahmed zu befreien und dem verräterischen Machredsch das Handwerk zu legen.

Die erste Überraschung auf der Reise bereitet den Gefährten jedoch nicht der Machredsch, sondern Kara Ben Nemsis alter Freund, der spleenige Lord Lindsay, der mit seinem Diener Archie, Maultieren und einem alten Grammophon durchs wilde Kurdistan zieht und mit seinen typisch englischen, in der Wüste deplacierten Lebensgewohnheiten, Anlass zu unfreiwilliger Komik gibt.

Gerade zur rechten Zeit kann Kara Ben Nemsi den ihm befreundeten Stamm der Jecidis überzeugen, dass der Lord ein harmloser Reisender ist und keine Ahnung hatte, dass er ein religiöses Fest des Stammes störte. Die Befreiung des Lords kommt keine Minute zu früh, denn schon müssen die Jecidis, unterstützt von Kara Ben Nemsi, Hadschi Halef, dem Lord und seinem Diener einen raffinierten und heimtückischen Überfall des Machredsch abschlagen, der den friedlichen Stamm ausrauben wollte.

Zusammen mit Mohammed Emin und Halef reitet Kara nun nach Burusco, um Ahmed el Corda zu befreien. Der ist zwischenzeitlich zur Hinrichtung verurteilt werden. Beim Mütesselin erkennt Kara, wie er sich den alkoholsüchtigen Mütesselin gefügig machen kann. Durch Lieferungen von Spirituosen erhält er Einlass ins Gefängnis, wo er Ahmed eine Nachricht zukommen lassen kann.

Zwischenzeitlich hat Ali Bei beim Padischah den Überfall des Machredsch gemeldet. Der Padischah sendet sofort Soldaten los, um den Machredsch zu fangen. Dem ist zwischenzeitlich klar, dass er in der Armee keine Zukunft hat. Durch den Überfall einer Karawane kann er sich neue Kleidung zulegen. Dann bricht er nach Burusco auf, um Kara Ben Nemsi zu überwältigen.

Benda und Ingdscha, die bei der Karawane weilten, treffen nach dem Überfall auf Sir David und Archie, mit denen sie mit Hilfe eines Heissluftballons weiterreisen. Im Laufe ihrer Reise geraten sie jedoch wieder in die Hände des Machredsch.

In Burusco gelingt es dem Machredsch sogar mit Hilfe des korrupten Selim Aga, seine Verfolger in den Hinterhalt zu locken. Kara Ben Nemsi kann sich aber befreien und rettet nicht nur seine Begleiter, sondern mit einem tollkühnen Handstreich auch den gefangenen und bereits zum Tode verurteilten Ahmed.

Aber der Machredsch, dessen verbrecherisches Treiben nun auch der Padischah, der Herrscher der Gläubigen, erkennt, gibt noch nicht auf. Immer wieder findet er Abenteurer und Banditen, die sich seinen Raubzügen anschließen und denen das Leben eines anderen nichts gilt.

Auf dem Heimweg werden auch Kara und Gefährten vomMachredsch überwältigt, wobei Mohammed Emin getötet wird. Bevor der Machredsch mit seinen Gefangenen fortreiten kann, wird er von Kadir Bei entdeckt. Der Bei nimmt die Gefangenen mit in die Chaldäerstadt.

Am Galgen stehend, wird Kara von Kadir Beis Nichte Ingdscha erkannt, die sich aus den Händen des Machredsch befreit hat und während der Gerichtsverhandlung dazukommt. Sie klärt die Situation auf und bestätigt, dass der Machredsch abgesetzt wurde. Der Machredsch flieht, doch Kara Ben Nemsi jagt ihm nach und stürzt ihn von einem Felsen.


BUCHVORLAGE

Nach "Durch die Wüste" und "Der Schut" ist dies nun der dritte Film aus dem sechsteiligen Orientzyklus Mays. Komischerweise folgt nach dem letzten Teil "Der Schut" nun der zweite Teil "Durchs wilde Kurdistan".

Wie schon bei dem Schut hat auch dieser Roman eine Vorgeschichte, die länger zurückreicht als der Film. Nachdem Kara für die Ateibeh Wasser in Mekka geholt hat (was im Film "Durch die Wüste" geschildert wurde), bleibt er noch eine Zeit bei ihnen und hilft ihnen im Kampf gegen die ihnen verfeindeten Abu Hammed. Dabei trifft er auch den Scheich der Haddedihn, Mohammed Emin, der seinen Sohn Amad el Ghandur vermisst. Von Gefangenen erfahren sie, dass Amad gefangen und nach Amadije geschafft wurde, wo er jetzt gefangen gehalten wird. So reiten Kara, Halef und Mohammed Emin nach Amadije, und auf dem Weg kommen sie noch bei den Jesidi vorbei.

Der Film beginnt mit der Szene, wo Ahmed el Corda (nicht mehr Amad el Ghandur!) die Soldaten des Machredsch von Mossul daran hindern will, Wasser aus der Quelle der Haddedihn zu nehmen. Dabei wird er gefangen genommen und nach Burusco verschafft.

Kara Ben Nemsi befindet sich derweil beim Padischah, der ihm für seinen Einsatz gegen den Schut dankt und ihm dafür einen Ferman überreicht. Dies steht im Widerspruch zu einigen Details. Zum einen kommt "Der Schut" bei May hinter "Durchs wilde Kurdistan", zum anderen zeigt Hadschi Halef im Film "Der Schut" ja schon einen Brief vor, durch den Kara unter dem Schutz des Padischah steht. Etwas mehr Werktreue und Liebe zum Detail wäre wünschenswert gewesen, auch wenn es nur Details sind, die keine besondere Rolle spielen!

Ein weiterer Schönheitsfehler folgt dann, als Kara in das Lager der Haddedihn reitet. Hier sieht Kara Halefs Söhne, die es aber in der Vorlage noch gar nicht geben kann. Halef hat ja Hanneh erst kennengelernt und direkt nach der Heirat wieder verlassen. Woher da die vielen Söhne kommen, weiß wohl nur der Regisseur. Auch die Figur der Hanneh, die im Roman wesentlich dominanter auftritt, ist etwas komisch.

Dass Kara aber nicht mehr seinen Rih reitet, zeigt, dass der Drehbuchautor wenigstens etwas Kontinuität im Ablauf der Filme zeigt und somit "Durchs wilde Kurdistan" im Film den Nachfolger des "Schut" darstellt.

Um die Vorgeschichte etwas zu kürzen, kommt nun Mohammed Emin in das Lager der Haddedihn, berichtet, dass sein Sohn Ahmed el Corda entführt wurde und bittet Kara, ihm bei der Suche zu helfen. Kara stimmt natürlich zu und schon kurze Zeit später reiten Halef, Mohammed Emin und Kara los.

Warum ihr Weg zu den Jesidi führt, bleibt im Film unklar. Im Buch hatte Kara drei Jesidi aus den Händen der Abu Hammed befreit, die ihn darauf einluden, sie zu besuchen. Eine weitere Frage ist, warum die Episode mit Pir Kamek im Film erwähnt wird. Sie ist handlungsmäßig bedeutungslos und hätte zugunsten anderer Szenen gestrichen werden können.

Auch David Lindsay und Archie tauchen im Film wieder auf. Bewundernswert ist immer noch, was Lindsay in seinem Koffer alles mitschleppt: eine Dusche, ein riesiges Feuerwerk, einen Heißluftballon - na ja, ein bisschen Komik muss im deutschen Kino wohl sein, auch wenn Sir David in dieser Form und im Roman "Durchs wilde Kurdistan" gar nicht vorkommt.

Die Szenen bei den Jesidi sind dann relativ nah an der Buchvorlage gehalten, bis auf die Art, wie die Jesidi erfahren, dass Arnauten in ihrer Nähe sind. Während das im Film durch das Feuerwerk Lindsays passiert, weiß im Buch Kara von dem geplanten Angriff und warnt die Jesidi. Trotz der Nähe zur Vorlage fehlt aber trotzdem irgendwie das Flair der Beschreibung im Buch. Dort ist besonders der Parallelismus zwischen dem Angriff und dem religiösen Fest sehr beeindruckend, der zwar auch im Film erwähnt wird, aber nicht gut rüberkommt.

Nun reiten die drei, nachdem Kara den Hund Dojan erhalten hat, weiter nach Amadije (Buch) bzw. Burusco (Film). Unterwegs treffen sie in Spinduri noch Sir David Lindsay, der sich ihnen anschließt. In Amadije angekommen, quartieren sie sich bei Selim Aga ein, der sie im Gegensatz zum Film sehr gut behandelt. Während er im Film Kara, Halef und Emin in die Falle lockt, hilft er ihnen im Buch.

Dem Mächtigen der Stadt, dem Mütesselin, begegnet Kara auch bald, und wie im Film macht er ihn sich mit Wein gefügig, den er ihm schenkt. Werner Peters spielt diese Rolle im übrigen ausgezeichnet, wer das Buch ließt, der kommt zu dem Entschluss, dass dieser Mütesselin so und nicht anders aussehen muss. Mit seinen Bestechungen verschafft sich Kara Zugang zum Gefängnis, in dem Ahmed el Corda haust, und kann sich mit ihm unterhalten.

An dieser Stelle weicht die Handlung des Films immer stärker von der des Buches ab, bis am Ende kaum noch Parallelen zu erkennen sind. Während im Buch Kara den Sohn des Scheichs befreit und mit seinen Begleitern aus Amadije flieht, ist diese Geschichte beendet und es beginnen weitere Abenteuer im Kurdenland. Der Machredsch taucht nicht mehr auf, er ist im Buch sowieso nur eine Nebenfigur und hat nicht die Bedeutung, die ihm im Film zusteht.

Im Film befreit Kara auch Ahmed el Corda vom Galgen, um später wieder in die Hände des Machredsch zu fallen. Er liefert sie dem Scheik der Chaldäer, Kadir Bei, aus, der sie ebenfalls zum Tode verurteilt, bevor Ingdscha auftaucht und die Situation aufklärt. Kara jagt dem fliehenden Machredsch hinterher und stürzt ihn vermeintlich zu Tode.

Eine kleine Anmerkung noch zu Ingdscha: Sie kommt im Buch zwar vor, aber nur als Enkelin von Marah Durimeh, als was sie sich in der Fortsetzung "Im Reiche des silbernen Löwen" ja auch entpuppt.

Alles in allem ist der Film einer der besseren May-Produktionen, wenn es auch einige kleinere Mängel gibt. Warum heißt Amadije jetzt Burusco, warum heißt Amad el Ghandur Ahmed el Corda? Trotzdem gibt es schöne Landschaftsaufnahmen und gute Musik, dazu eine spannende Handlung und ein Happy End. Was will man als May-Leser mehr? Ein bisschen mehr Textbezug, besonders am Ende, wäre schön gewesen, das Weglassen der Jesidi-Episode zugunsten der Vorgänge in Amadije vielleicht auch wünschenswert. Aber im Vergleich mit den nun folgenden Filmen ist "Durchs wilde Kurdistan" wirklich einer der besseren...

(bk)