KARL-MAY-FILME


Unter Geiern

Deutschland / Frankreich 1964

ALLE BILDER AUS DEM CINEMASCOPE-FARBFILM NACH DEM GLEICHNAMIGEN ROMAN VON KARL MAY "UNTER GEIERN"
COPYRIGHT ©1964
PRODUKTION: RIALTO-FILM PREBEN PHILIPSEN / S.N.C. / JADRAN-FILM
VERLEIH: CONSTANTIN-FILM


Unter Geiern (EA Constantin 1164)Unter Geiern (EA Constantin 1164)Unter Geiern (EA Constantin 1164)Unter Geiern (EA Constantin 1164)

Plakat DIN A1 "Unter Geiern"
(EA Constantin 1164)
Unter Geiern

Pierre Brice  (Winnetou)
Götz George  (Martin)
Elke Sommer  (Annie)
Stewart Granger  (Old Surehand)

Sieghardt Rupp  (Preston)
Walter Barnes  (Baumann)
Mihail Baloh  (Weller)
Renato Baldini  (Leader)

Mario Girotti  (Baker jr.)
Louis Velle  (Gordon)
Voja Mirić  (Steward)
Stole Arandjelović  (Milton)

Ilija Ivezić  (Jackie)
Boris Dvornik  (Fred)
Dusan Bulajić  (Bloomfield)
Mirko Kraljev  (Bill)
Davor Antolić  (Rod)
Djordje Nenadović  (Miller)

Paddy Fox  (Old Wabble)
Georg Mitić  (Wokadeh)

REFERENZ

Erscheinungsjahr 1964  (EA 08.12.1964)
Regie Alfred Vohrer
Drehbuch Harald G. Petersson, Eberhard Keindorff, Johanna Sibelius
Musik Martin Böttcher
Kamera Karl Löb
Film Cinemascope (2.35:1), 35 mm, Eastman Color
Original-Film (KINO) 2762 m = 100 min. 57 sec.
TV/VIDEO/DVD * 96 min. 55 sec.
FSK: Ab 12 Jahren
Bemerkungen Goldene Leinwand (1965)
Prädikat "kein Prädikat"
* Die Differenz zur Kinofilm Laufzeit erklärt sich durch die um ein Bild pro Sekunde höhere Video Bildfrequenz.
(KINO 24 Bilder/Sek.) (TV 25 Bilder/Sek.) (PAL-SYSTEM)

INHALT

Siedler, Händler und Abenteurer ziehen nach Westen. In Arizona gibt es Land zu bebauen, Diamanten zu handeln, Reichtümer zu ernten. Aber der Weg nach Arizona führt durch den Llano Estacado. Und dieses wilde Felsengebirge ist, wie jeder erfahrene Westmann weiß, nicht geheuer. Es wird von den "Geiern" beherrscht, einer wahren Banditenarmee, die ihrem Namen alle Ehre macht.

Sie hausen in einer Geisterstaat, einer verlassenen Goldgräbersiedlung, stürzen raubgierig über alle Reisenden her und schrecken auch nicht davor zurück, die rechtmäßigen Herren des Llano, den Indianerstamm der Schoschonen, zu immer neuen, blutigen Auseinandersetzungen herauszufordern.

Am sichersten darf sich noch Annie fühlen, ein junges Mädchen, das mit einer Geldladung unterwegs zu ihrem Vater, einem Diamantenhändler ist. Nicht nur, daß sie wie der Teufel reiten und wie ein Sheriff schießen kann - sie wird auf ihrem Weg nach Arizona von dem berühmten Westmann Old Surehand und dessen drolligen Begleiter Old Wabble begleitet.

Doch noch bevor sie in den Llano eindringen, spüren sie, wie unsicher die Gegend tatsächlich ist. Die Ranch von Old Surehands altem Freund Baumann, wo sie Rast machen wollten, ist ein Bild der Verwüstung. Während Winnetou mit seinem alten Jagdgefährten Baumann und dessen Sohn Martin, der trotz seiner Jugend schon einen großen Ruf als Bärenjäger hat, auf der Jagd war, haben die Geier Baumanns Besitz überfallen, in Brand gesteckt und Martins Mutter getötet

Vor Schmerz und Zorn ist der alte Baumann außer sich. Da die Geier geschickt den Eindruck erweckt haben, der Überfall sei das Werk der Schoschonen, fügt er dem jungen Schoschonen-Häuptling Wokadeh eine so tödliche Beleidigung zu, dass auch Winnetous und Old Surehands Vermittlungsversuche ergebnislos bleiben: um ihrer Ehre willen müssen die Schoschonen sich an Baumann rächen.

Um so ungestörter können die Geier ihre Ziele verfolgen - das heißt, wenn Old Surehand und Winnetou ihre Pläne nicht schon durchschaut hätten. Auf raffinierte Weise, als Kavallerie-Soldaten, Mormonenprediger und wackere Westmänner verkleidet, schleichen die Geier sich in die nach Arizona gehenden Trecks ein, um sie ihren im Hinterhalt lauernden Spießgesellen um so sicherer vor die Flinte liefern zu können. So haben sich bereits ein großer Siedler-Treck und eine Gruppe von Diamantenhändlern, die gerade in den Llano aufbrechen, völlig arglos der Führung der Geier anvertraut.

Old Surehand und Winnetou beschließen, auf getrennten Wegen die gleichen Ziele zu verfolgen: die Reisenden aus der Hand der Geier zu retten und die wahren Schuldigen an dem Mord auf der Baumann-Ranch zur Rechenschaft zu ziehen. Winnetou reitet alleine los, Old Surehand mit Baumann, seinen Knechten und dem lustigen Old Wabble.

Aber das aufregendste Abenteuer hat zunächst Martin Baumann, der junge Bärenjäger zu bestehen, der mit Annie auf der Ranch seines Vaters zurückgeblieben ist: Die Geier entführen Annie, von deren Geldschatz sie wissen, in ihre Geisterstadt, und Martin wagt sich sofort in die Höhle des Löwen, um sie zu retten. Annie gibt zwar auch auf sich allein gestellt den Banditen eine überzeugende Lektion vom Umgang mit Schusswaffen, ist doch froh, als Martin, von dem rechtzeitig hinzukommenden Winnetou unterstützt, sie aus den Händen der rohen Banditen befreit.

Eilends reitet Martin mit Annie zum Siedlertreck, da er glaubt, dass Old Surehand und sein Vater dort längst mit den scheinheiligen Soldaten, Predigern und Westmännern, den verkleideten Geiern, aufgeräumt haben. So fällt er prompt wieder den Geiern in die Hände - Old Surehand und Baumann sind dort noch gar nicht eingetroffen.

Denn Baumann ist inzwischen durch seine eigene Ungeschicklichkeit den Schoschonen in die Hände gefallen, und nur der Tatsache, dass Old Surehand sich einem fürchterlichen Gottesurteil aussetzt und es geschickt zu seinen Gunsten entscheidet, hat er es zu verdanken, dass er nicht gleich an den Marterpfahl gestellt wird.

Erst als die Hauptmacht der Geier auf dem Weg zu dem Siedlertreck das "Tal des Todes", die ehrwürdige Begräbnisstätte der Schoschonen, verwüsten und alle Wächter des Tales brutal ermorden, erkennen die Schoschonen, dass Winnetous Rat richtig ist: nicht Baumann und seine Freunde sind die Feinde, die es zu besiegen gilt, sondern die Geier.

Der Siedler-Treck bahnt sich seinen Weg durch den Llano und die Hauptmacht der Geier, die im Hinterhalt lauert, empfängt regelmäßig Nachrichten von ihren Freunden im Treck, wann die beste Zeit für den vernichtenden Überfall sei. Sie ahnen freilich nicht, dass Old Surehand längst den Treck erreicht, Martin befreit, die verkleideten Geier entlarvt und zu unfreiwilligen Überbringern von falschen Nachrichten gemacht hat: Old Surehand weiß, dass der große Entscheidungskampf mit den Geiern nicht zu vermeiden ist - aber Ort und Zeit der großen Schlacht kann er nun selbst bestimmen.

Und als es so weit ist, nachdem die Geier wie ein Gewittersturm heranjagen und die Planwagen der Siedler in rasendem Galopp eine Wagenburg formieren - da ist auch Winnetou mit seinen roten Brüdern da, um am Ausgang dieser Schlacht keinen Zweifel zu lassen.


BUCHVORLAGE

Um es mal gleich vorwegzunehmen: Den Roman "Unter Geiern" an sich gibt es gar nicht. Das Buch besteht aus zwei Einzelerzählungen, nämlich "Der Sohn des Bärenjägers" und "Der Geist des Llano Estacado". Beide Romane sind sehr lesenswert, besonders der letzte, der auch für den Roman "Old Surehand" noch von Bedeutung ist. Der Film "Unter Geiern" besteht aus beiden Romanen, sie wurden zu einer Handlung zusammengefasst. Damit besteht der Film also zu ungefähr gleichen Teilen aus der Erzählung des Bärenjägers, des Llano Estacado und aus Sachen, die gar nicht im Buch vorkommen und dazugedichtet sind.

Auch bei der Wahl der Hauptdarsteller mussten der Drehbuchschreiber und der Produzent erstmals kreativ werden. Ursprünglich war der Film nämlich mit dem Duo Winnetou (Pierre Brice) und Old Shatterhand (Lex Barker) geplant. In letzter Minute gelang es dem Produzenten Horst Wendlandt jedoch, den damaligen Hollywood-Star Stewart Granger zu verpflichten. In der Hoffnung, den Film dadurch im Ausland besser vermarkten zu können, wurde das Drehbuch auf Old Surehand umgeschrieben.

Der Roman "Der Sohn des Bärenjägers" handelt von der Befreiung des alten Baumann. Der wurde von den Sioux Ogellallah gefangen, um mit einigen Begleitern geopfert zu werden. Sein Sohn, der Hobble Frank, der Dicke Jemmy und der Lange Davy reiten den Indianern nach und stoßen dabei auf Winnetou und Old Shatterhand. Zusammen mit ihnen befreien sie Baumann.

Der offensichtlichste Unterschied zum Film ist die Rolle Wokadehs. Während er im Film als Schoschonenhäuptling an der Entführung Baumanns schuld ist, trägt er im Buch in erster Linie zu seiner Befreiung bei und steht auf der Seite von Winnetou und Old Shatterhand.

Auch der Grund der Gefangenschaft Baumanns ist ein anderer. Im Buch wird er von den Indianern gefangen, weil die auf dem Kriegspfad sind, nicht, weil er ihnen etwas getan hat. Im Film dagegen beleidigt er Wokadeh, der sich darauf rächt.

Der Verlauf der Gefangenschaft verläuft ähnlich, nur die Befreiung anders. Im Buch überfallen die Retter die Sioux Ogellallah und befreien Baumann, während im Film Old Surehand sich einem Gottesurteil stellt.

Der Roman "Der Geist des Llano Estacado", der im übrigen auch spannender ist, stellt den größten Teil des Films, nämlich die Teile, die im Llano spielen oder wo Geier vorkommen. Im Roman ist Helmers Home das, was die Baumann Farm im Film darstellt. Hier beginnt der Llano, und hier taucht auch der erste Geier auf, nämlich Tobias Preisegott Burton, ein Mormonenpriester. Der will einen Treck aufsuchen, um ihn durch den Llano und in die Hände der anderen Geier zu führen. Auch ein anderer Geier in Armeeuniform kommt hinzu, der jedoch enttarnt und von Bloody Fox erschossen wird. Währenddessen entkommt der Priester wie im Film.

Nun passiert im Film im Grunde dasselbe wie im Buch. Der erwartete Treck gerät in die Hände der Geier und wird in den Llano geführt. Die Geier im Treck werden enttarnt, so dass man auf den Angriff der übrigen Geier reagieren und ihn abschlagen kann.

Diese beiden verschiedenen Handlungen sind im Wesentlichen durch die Szenen am Anfang miteinander verknüpft. Wenn man genauer aufpasst, haben die Befreiung Baumanns und die Episode mit den Geiern nicht mehr viel miteinander zu tun, außer der Tatsache, dass sie, da sie parallel verlaufen, von Winnetou und Old Surehand gleichzeitig gelöst werden. Trotzdem ist das so geschickt gemacht, dass es ohne die Kenntnis der Originalvorlage gar nicht auffällt.

Die Enttäuschung des Films ist der Anführer der Geier, Preston. Der tritt eigentlich kaum in Erscheinung und ist bis auf die Szene, wo er einen seiner Leute erschießt, auch gar nicht sonderlich böse. Da reicht auch nicht sein fieses Lachen. Er taucht im Buch gar nicht auf, da ist der Anführer der Geier der Mormonenpriester Tobias Preisegott Burton.

Für mich unverständlich ist auch, warum Old Wabble in dem Film auftaucht. Im Buch kommen so viele Westmänner vor (Hobble Frank, der Lange Davy, der Dicke Jemmy, der Juggle Fred), warum muss man da Old Wabble ausgraben? Und dann noch in einer Form, die der Originalidee des Old Wabble total widerspricht. Man hätte Paddy Fox auch ruhig als Hobble Frank auftreten lassen können, er ähnelt ihm eher als der May'schen Beschreibung des Old Wabble.

Auch den Old Surehand hätte man in Old Firehand ändern können, dem Stewart Granger wesentlich ähnlicher sieht.

Schade ist außerdem, dass die Figur des Bloody Fox im Film gar nicht auftaucht. Er gehört mit zu den interessantesten Charakteren in Mays Erzählungen, und seine Motive der Geierjagd sind auch sehr interessant. Die Idee der Insel im Llano Estacado ließe sich mit Sicherheit auch im Film gut umsetzen.

Trotz allem ist auch "Unter Geiern" ein Film, der nicht zu den schlechtesten zählt, aber auch nicht zu den besten. Er ist - Mittelmass, was man auch daran erkennt, dass mit diesem Film die Karl-May-Welle auf den absteigenden Ast kommt und außer "Winnetou 3. Teil" kein übermäßig erfolgreicher Film mehr produziert wird.

(bk)


Anmerkung und Korrektur: "Unter Geiern" lief schon 1964 unter Band 35 der Gesammelten Werke Karl Mays. "Der Sohn des Bärenjägers" (1887) und "Der Geist des Llano estakado" in Die Helden des Westens (1888/1890) gehört zu Karl Mays Jugenderzählungen.

(sk)